Resümee dis-positiv Berlin

 

Berlin, den 14. April 2003

EINE WUNDERSAME AUSSTELLUNG
„Witzig und spannend“, fand Kulturstaatsministerin Christina Weiss das Konzept der Ausstellung dis-positiv und bedauerte, dass sie die Eröffnungsrede am 2. April nicht halten konnte. Diese wurde dann von Herrn Dr. Prosl, Botschafter der Republik Österreich und Prof. Bayerer, Vizepräsident der UdK Berlin eröffnet. Zahlreich waren die Besucher erschienen zu dieser ungewöhnlichen Ausstellung, in der nicht Kunstwerke, sondern Menschen hinter Glas gezeigt wurden. Die Auswahl derer, die sich im Glasrondell präsentieren sollten, wurde ganz gezielt getroffen: Es waren jene, die sonst die Ausstellungen organisieren, bestimmen oder beeinflussen: Kuratoren, Kunstkritiker, Kunsthistoriker und Kunstsammler.
Ein großer Teil der Berliner Kunstszene fand sich in der staatsbankberlin hinter Plexiglas als Kunstwerk wieder. „Wie haben sie das geschafft, Herr Jochum?“ war die oft gestellte Frage. Wie ist es möglich, dass die wichtigsten Leute des Berliner Kunstbetriebes sich ausstellen lassen? Eine berechtigte Frage. Eine Antwort ist sicher die äußerst gewinnende Art des österreichischen Künstlers Richard Jochum. Der promovierte Philosoph bewegt sich gewandt auf beiden Gebieten der Kunstszene, die der Theorie und die der Praxis. Seit Jahren lebt er ausschließlich von seiner Kunst und hat darüber hinaus das Konzept für diese wundersame Ausstellungspraxis dis-positiv entwickelt und mit großem Erfolg in Wien und Bregenz bereits durchgeführt. „Die Idee, Kunsttheoretiker auszustellen kam mir 1998.“, berichtet Richard Jochum. „Wenn sie als Künstler nicht in den Betrieb der Kunstszene hineinpassen, können sie Kunst herstellen so lange sie wollen, es wird sie niemand sehen. Erst wenn der Galerist sie ausstellt, der Kritiker über sie berichtet und der Sammler sie ankauft, werden ihre Werke wahrgenommen“. Fazit: So werden die Theoretiker zu jenen, die die Kunst machen, allein durch ihre Auswahl. Also ist es doch nur konsequent, sie statt der Kunst zu präsentieren.
Eine Portion Kritik, eine Portion Ironie und viel Ernsthaftigkeit sind bei dem Projekt zu spüren. Die Idee scheint simpel, einfach die Situation einmal umzudrehen, nicht Kunst auszustellen, sondern jene die den Kunstbetrieb bestimmen. Wie so oft in der Kunst, sind die einfachen Ideen die genialsten. Jeder versteht das Konzept und alle wundern sich, warum man bis ins 21. Jahrhundert hat warten müssen, um diese Situation zu schaffen.
Um die Ausstellung in Berlin zu realisieren war Richard Jochum 2001 nach Berlin gezogen und hat intensive Recherchen über den hier vor Ort bestehenden Kunstbetrieb unternommen. Eine große Aufgabe wie sich herausstellte – gibt es in Berlin doch sehr unterschiedliche Kunstszenen. Er stellte im Laufe der Zeit ein Team von Leuten zusammen, die aus den unterschiedlichsten Bereichen der Berliner Kunstszene kamen und die alle ihren Beitrag zu dem Projekt dis-positiv geleistet haben. Diese Form der Arbeitsteilung ist auch eine wichtige Komponente der Kunstproduktion von heute.
So verschieden wie das Team, so waren auch die Exponate. Alle unterschiedlich, alle gingen sie anders mit der ungewöhnlichen Situation um. Alle zwei Stunden wechselten die Exponate und damit die Ausstellung und mit ihnen das Publikum. Eine Ausstellung, wo ein einmaliger Besuch nicht ausreichend war, um sich einen Überblick zu verschaffen. Eine Ausstellung, wo die zum Kunstwerk erklärten Menschen die Kunst vor Ort schufen, live und hinter Plexiglas. Das Berliner Publikum war begeistert. Viele kamen mehrmals, um die Unterschiedlichkeit der einzelnen „Werke“ zu sehen und kennen zu lernen. Die Diskussionsfreudigkeit und dynamisierende Neugier der Berliner wurde einmal mehr bekundet und der Welt offenbart, das die Berliner Kunstszene vor Lebendigkeit strotzt und einen wichtigen Teil der Selbstidentifikation der Stadt ausmacht.
Die Ausstellung dis-positiv hat es geschafft, einen Großteil des Berliner Kunstbetriebes erstmalig in einer komprimierten Zeit von einer Woche zusammen- und dem Berliner Publikum diese doch recht komplexe Welt im buchstäblichen Sinne vorzuführen. Sowohl die Exponate als auch die Besucher waren begeistert und fasziniert von dieser ungewöhnlichen Ausstellung und sie alle bekamen einen neuen Bezug zur Kunst in Berlin.
Man darf gespannt sein auf die nächste Realisierung von dis-positiv in New York Winter 2003 / 04 ...


Weitere Informationen und Bildmaterial:
Sylke Bluhm und Ron Bloch
Fon 030 – 24 08 47 88
Mail info@bluhmpr.de