EINE WUNDERSAME AUSSTELLUNG
„Witzig und spannend“, fand Kulturstaatsministerin Christina
Weiss das Konzept der Ausstellung dis-positiv und bedauerte, dass sie
die Eröffnungsrede am 2. April nicht halten konnte. Diese wurde
dann von Herrn Dr. Prosl, Botschafter der Republik Österreich und
Prof. Bayerer, Vizepräsident der UdK Berlin eröffnet. Zahlreich
waren die Besucher erschienen zu dieser ungewöhnlichen Ausstellung,
in der nicht Kunstwerke, sondern Menschen hinter Glas gezeigt wurden.
Die Auswahl derer, die sich im Glasrondell präsentieren sollten,
wurde ganz gezielt getroffen: Es waren jene, die sonst die Ausstellungen
organisieren, bestimmen oder beeinflussen: Kuratoren, Kunstkritiker,
Kunsthistoriker und Kunstsammler.
Ein großer Teil der Berliner Kunstszene fand sich in der staatsbankberlin
hinter Plexiglas als Kunstwerk wieder. „Wie haben sie das geschafft,
Herr Jochum?“ war die oft gestellte Frage. Wie ist es möglich,
dass die wichtigsten Leute des Berliner Kunstbetriebes sich ausstellen
lassen? Eine berechtigte Frage. Eine Antwort ist sicher die äußerst
gewinnende Art des österreichischen Künstlers Richard Jochum.
Der promovierte Philosoph bewegt sich gewandt auf beiden Gebieten der
Kunstszene, die der Theorie und die der Praxis. Seit Jahren lebt er
ausschließlich von seiner Kunst und hat darüber hinaus das
Konzept für diese wundersame Ausstellungspraxis dis-positiv entwickelt
und mit großem Erfolg in Wien und Bregenz bereits durchgeführt.
„Die Idee, Kunsttheoretiker auszustellen kam mir 1998.“,
berichtet Richard Jochum. „Wenn sie als Künstler nicht in
den Betrieb der Kunstszene hineinpassen, können sie Kunst herstellen
so lange sie wollen, es wird sie niemand sehen. Erst wenn der Galerist
sie ausstellt, der Kritiker über sie berichtet und der Sammler
sie ankauft, werden ihre Werke wahrgenommen“. Fazit: So werden
die Theoretiker zu jenen, die die Kunst machen, allein durch ihre Auswahl.
Also ist es doch nur konsequent, sie statt der Kunst zu präsentieren.
Eine Portion Kritik, eine Portion Ironie und viel Ernsthaftigkeit sind
bei dem Projekt zu spüren. Die Idee scheint simpel, einfach die
Situation einmal umzudrehen, nicht Kunst auszustellen, sondern jene
die den Kunstbetrieb bestimmen. Wie so oft in der Kunst, sind die einfachen
Ideen die genialsten. Jeder versteht das Konzept und alle wundern sich,
warum man bis ins 21. Jahrhundert hat warten müssen, um diese Situation
zu schaffen.
Um die Ausstellung in Berlin zu realisieren war Richard Jochum 2001
nach Berlin gezogen und hat intensive Recherchen über den hier
vor Ort bestehenden Kunstbetrieb unternommen. Eine große Aufgabe
wie sich herausstellte – gibt es in Berlin doch sehr unterschiedliche
Kunstszenen. Er stellte im Laufe der Zeit ein Team von Leuten zusammen,
die aus den unterschiedlichsten Bereichen der Berliner Kunstszene kamen
und die alle ihren Beitrag zu dem Projekt dis-positiv geleistet haben.
Diese Form der Arbeitsteilung ist auch eine wichtige Komponente der
Kunstproduktion von heute.
So verschieden wie das Team, so waren auch die Exponate. Alle unterschiedlich,
alle gingen sie anders mit der ungewöhnlichen Situation um. Alle
zwei Stunden wechselten die Exponate und damit die Ausstellung und mit
ihnen das Publikum. Eine Ausstellung, wo ein einmaliger Besuch nicht
ausreichend war, um sich einen Überblick zu verschaffen. Eine Ausstellung,
wo die zum Kunstwerk erklärten Menschen die Kunst vor Ort schufen,
live und hinter Plexiglas. Das Berliner Publikum war begeistert. Viele
kamen mehrmals, um die Unterschiedlichkeit der einzelnen „Werke“
zu sehen und kennen zu lernen. Die Diskussionsfreudigkeit und dynamisierende
Neugier der Berliner wurde einmal mehr bekundet und der Welt offenbart,
das die Berliner Kunstszene vor Lebendigkeit strotzt und einen wichtigen
Teil der Selbstidentifikation der Stadt ausmacht.
Die Ausstellung dis-positiv hat es geschafft, einen Großteil des
Berliner Kunstbetriebes erstmalig in einer komprimierten Zeit von einer
Woche zusammen- und dem Berliner Publikum diese doch recht komplexe
Welt im buchstäblichen Sinne vorzuführen. Sowohl die Exponate
als auch die Besucher waren begeistert und fasziniert von dieser ungewöhnlichen
Ausstellung und sie alle bekamen einen neuen Bezug zur Kunst in Berlin.
Man darf gespannt sein auf die nächste Realisierung von dis-positiv
in New York Winter 2003 / 04 ...
Weitere Informationen und Bildmaterial:
Sylke Bluhm und Ron Bloch
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